Sand ist das Material

von Winfries Schmidt

Nur ein schmaler Weg führt durch die Felder, umsäumt von wiegendem Reet, und endet vor einem lang gestreckten Gebäude. Hier, in St. Peter-Ording, Ortsteil Brösum, lebt und arbeitet Frauke Petersen. Die Künstlerin genießt die Stille, die an diesem Ort vorherrscht, nur manchmal durchbrochen von Kinderlachen, denn während der Saison haben zusätzlich Feriengäste im Reet gedeckten Haus Quartier genommen.

Ihre Bilder entstehen hier, meist nach langen Spaziergängen durch die Natur, und weisen eine wirkliche Besonderheit auf, denn gestaltet werden sie mit - Sand. "Das ist mein Material", betont die Malerin, "ich habe viele verschiedene Techniken ausprobiert und kam dann irgendwann darauf." Frauke Petersen, die in diesem Haus auch geboren wurde und aufwuchs, findet ihr Material "nahe liegend, denn schließlich gibt es in St. Peter-Ording wohl einen der schönsten Strände überhaupt." Sie verwendet aber nicht nur Sand vom Nordseestrand, sondern inzwischen bringt sie ihn von Reisen aus allen Teilen der Welt mit, zuletzt zum Beispiel von einem Aufenthalt in Argentinien. "Strukturen interessieren mich", erklärt die Künstlerin, "und mit dem Sand lässt sich das am besten darstellen."
Auf dem großen Arbeitstisch im Atelier liegt eine Holzplatte bereit, auf der ein Bild entstehen soll. Zunächst gilt es, einen Untergrund aufzutragen, und dies geschieht mittels eines Rasters, auf dem das spezielle Sandgemisch, angerührt in einem Plastikeimer, verteilt wird. Um besondere Strukturen zu erzielen, verwendet Frauke Petersen verschiedene Spachtel, die in großer Zahl bereit liegen. Ebenso vorhanden sind unterschiedlichste Farben, denn der Sand kann auch eingefärbt werden. Das gefällt besonders den Kunst-Kritikern, die erfreut feststellen, dass die Bilder "nicht nur in Sahara-Gelb oder Wüste-Gobi-Braun daherkommen, sondern auch in überraschend zartem Grün oder Himbeerrot", wie zum Beispiel in der renommierten "Stuttgarter Zeitung" anlässlich einer Ausstellung zu lesen war. Auch die Regionalpresse in Schleswig-Holstein schätzt die Bilder von Frauke Petersen hoch ein: "So spielen und sprechen ihre Arbeiten auf vielfältige Weise mit dem Auge des Betrachters und regen ihn zu eigenen Fantasien an", befand ein Rezensent.
Ihre frühen Arbeiten lebten von streng geometrischen Formen und sehr kräftigen Farben, jetzt wirken die verschiedenartigen Strukturen aus sich selbst heraus, treten miteinander in Konkurrenz, verschmelzen wieder ineinander im Spiel von Licht und Schatten. Manchmal dient eine Fotografie als Untergrund, manchmal wird einfach frei gestaltet, ein anderes Mal verwendet die Künstlerin ein geometrisches Raster, das später mit einzelnen Farbpunkten (natürlich ebenfalls aus Sand) noch hervorgehoben wird. Der Sand selbst muss mit einem Bindemittel vermischt werden, dessen Rezeptur ein Geheimnis der Künstlerin bleibt und auf vielen Versuchen beruht. Schließlich soll sich das Material zunächst mit den verschiedensten Werkzeugen gestalten lassen, was vorwiegend in der Waagerechten auf dem Arbeitstisch geschieht. Später aber hängen die Bilder senkrecht an der Wand, und da muss der Sand schon fest sein.
Inspirieren lässt sich Frauke Petersen "von den Figuren und Strukturen, die der Wind im Sand und in den Getreidefeldern bildet", also von der Natur, mit der sie lebt und in der sie arbeitet. "Wichtig ist mir die Ruhe, die meine Bilder ausstrahlen, denn die kommt aus der Ruhe der Landschaft", so die Künstlerin über ihre Werke, die im In- und Ausland große Beachtung finden und auch in öffentlichen Räumen die Wände schmücken. Beispielsweise in der "Dünen-Therme" in St. Peter-Bad oder im daneben liegenden Design-Hotel "StrandGut Resort", das gleich um die dreißig Bilder von Frauke Petersen erwarb, um die verschiedenen Eingangsbereiche zu verschönern. "In diesem modernen Ambiente harmonieren meine Arbeiten besonders und setzen gleichzeitig deutliche Akzente", weiß die Künstlerin, die sich nun  wieder über ein fertig zu stellendes Werk beugt und die Fläche mit einzelnen Farbpunkten versieht - und das geht nur mit Hilfe einer Pinzette!

Magazin, 2009

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